
Keiner spricht über sie: die Liebe, die nach der dunkelroten Liebe kommt.
Als ich dich das letzte Mal geliebt habe, gab’s nur dunkelrot. Jeder unserer Streits voller Zorn, hochgefahrenen Mauern und Angst war ein kläglicher Versuch zusammen zu sehen, was vor uns hätte liegen können.
Ich hätte mich in der Wärme deiner braunen Augen verlieren können und du dich in dem Licht meiner blauen. Aber wir haben uns gar nicht mehr gesehen. Irgendwie sind wir farbenblind geworden auf dem Weg – so verbissen in dem Schmerz und dem Kampf für uns selbst.
Jetzt ist das dunkelrot nicht mehr da. Der Kampf weder gewonnen noch verloren. Das Einzige, was verloren bleibt, ist die Gelegenheit, unsere tief dunkelroten Bilder auszutauschen mit Neuen.
Wenn alles, was man je für sich als Liebe definiert hat, lange Zeit durch ein Gefühl von Aufregung und Leidenschaft geprägt war, ist das Rot sogar manchmal schön und erstrebenswert. Aber wenn man danach merkt, dass die Leinwand nach dem Dunkelrot nicht wieder so schnell weiß wird, fällt dir auf, dass es nicht immer so leicht ist, die Mauern heute mal unten zu lassen und ein neues Bild zu kreieren. Vielleicht stehen die Chancen gut dieses Mal für ein friedliches, helles Grün. Vielleicht wäre es dieses Mal anders.
Vielleicht weiß ich im Grunde eigentlich gar nicht, welche Farbe ich uns am liebsten gegeben hätte, aber sicher ist zumindest, dass ich dir etwas von meinem Weiß geben würde, um die Wut zu mindern, den Schmerz zu heilen – damit das Loslassen einfacher ist.
Die Liebe nach der dunkelroten Liebe ist wie ein Zusammenspiel aus Ruhe, Frieden, Mauern und Tanz. Ein Tanz vor und zurück, aus Schutz vor dunkelroten Farbspritzern, die unser Gemälde wieder ruinieren würden.
Aber wenn du wegrennst, dann ist die Leere auf deiner eigenen weißen Leinwand irgendwann womöglich so einsam, dass sie dich erstickt. Und keine Ahnung, wer und wo du bist, aber ich hoffe, du lässt es heute ein bisschen zu Liebe auf dein Bild zu malen. Ich hoffe, du baust deine Mauern nicht zu hoch und ich hoffe, du siehst, dass du sicher bist.
Wenn die Liebe so Azurblau wie dieser See wäre, vor dem ich gerade sitze, dann würde ich vielleicht keine Angst mehr vor Dunkelrot haben. Vielleicht würde ich sogar sehen können, dass hinter all dem Zorn und Schutz nur so viel Liebe war, dass ein Kampf niemals gewonnen werden konnte.
xxx, L.
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